Meine hochgeschätzte Leserschaft,
am heutigen Tage widme ich meine Gedanken einmal mehr dem politischen Geschehen, nachdem sich die Mehrzahl der vergangenen Posts Themen widmete, die man bevorzugt im Terrain der Philosophen wird verorten können. Konkret richte ich ein paar wenige Zeilen an der werten Herrn Stock aus dem Titel, seines Zeichens Chefredakteur des Handelsblatts Online.
Er wiederum reagierte auf die Flut von aufgebrachten Leserbriefen engagierter AfD-Sympathisanten, die ihn nach Publikation eines Interviews mit Prof. Lucke erhielt, in dem der Redakteur sein Bestes gab, ihn in die düstere Ecke des Rechtsextremismus zu manövrieren.
Meine Feststellungen zu der Replik des Herrn Stock im Folgenden:
Sehr geehrter Herr Stock,
nachdem ich beim unverblümten Durchscrollen meines
Facebook-Newsfeeds durch Verlinkung eines Freundes, den ich als politisch
kompetent zu empfinden pflege, auf Ihre Stellungnahme stieß, war mein Interesse
an derselben groß und meine Aufmerksamkeit geschärft. In letzter Zeit hatte ich
die Lektüre des Handelsblatts, vornehmlich auf elektronischem Wege, zu schätzen
gelernt und da ich das Aufbegehren der AfD geistesgegenwärtig verfolge, war ich
gespannt, wie sich denn der Online-Chefredakteur äußern würde.
Im Nachhinein musste ich feststellen, dass ich die
Erwartungen, die ich klammheimlich an luzide Überlegungen und kritische
Stellungnahmen ihrerseits hatte, a priori als unrealistisch hätte abtun können.
Ihre Äußerungen bewegen sich im üblichen Fahrwasser unserer Massenmedien und
entbehren des Anspruches, den mündige Bürger und Sie selbst an sich stellen
sollten.
Nachdem meine bisherigen Äußerungen argumentativ natürlich
zurückhaltend waren und als sanfter Prolog fungieren sollen, möchte ich meine
Einschätzung gern anhand zweier Feststellungen untermauern.
Zum einen scheint Ihnen und Ihrem Blatt die poltische Weit-
und Klarsicht kein Anliegen zu sein. Für jedermann einseh- und nachlesbar
sprach Prof. Lucke von Personen, die gar nicht „rechts“ seien und aus
potenzieller Frustration rechtsextrem, d.h. die NPD, wählen könnten. Für diese,
so Lucke, sei es besser, sie wählten eine mit professoralem Sachverstand
unterfütterte Partei als eine, die aus bekannten Gründen lieber nicht im
Bundestag gesehen wird.
Selbstbewusst und stolz verweisen Sir auf Ihren Kollegen,
der aus diesem Statement die kesse und kokette Zeile zimmerte: „Lucke setzt darauf, dass er
am rechtsextremen Rand nach Wählern fischen kann.“ Dass diese Aussage im
direkten Vergleich mit der Originalaussage, in der Prof. Lucke von Personen,
"die eigentlich gar nicht rechts sind", spricht, offensichtlich
realitätsfremd ist, scheint Sie nicht weiter zu bekümmern.
Das
ließe zweierlei Schlüsse zu:
- Ihre politische Expertise reicht nicht dazu, eine Unterscheidung zwischen rechts und rechtsextrem vorzunehmen. Die politische Orientierung "rechts" ist ebenso legitim wie die politische Ausrichtung "links". In beiden Fällen sind es die Extreme, die nicht wünschenswert sind und sich in unmittelbarer Nähe zur Illegitimität und Illegalität tummeln.
- Sie skandieren bewusst mit Falschaussagen, um die Zahl der Klicks auf Ihrer Seite zu maximieren und horchen damit dem Ruf des Gewinns während Sie sich kurzerhand Ihrer politischen Verantwortung entledigen.
Man kann die Überlegung Prof. Luckes logisch nachvollziehen.
Die Prämisse lautet: eine Person ist von unserer aktuellen Regierung und
Parteienlandschaft derart enttäuscht, dass beide via Stimmabgabe für eine nicht
im Bundestag vertretene Partei sanktioniert werden sollen. Die potenzielle
Menge der Alternativ-Parteien umfasst in diesem Fall sowohl die AfD und die NPD
wie auch die grauen Panther, die Violetten, usw.
Prof. Lucke verengt diesen Kreis nun exemplarisch auf seine
Partei (die AfD) und aufgrund ihrer medialen Dominanz und den ständigen
Vorwürfen, die AfD sei rechtsextrem angehaucht und stünde ihr nahe, die NPD.
Für vernunftbegabte Menschen folglich ein nachvollziehbarer Schritt.
Tritt der exemplarische Protestwähler am Wahltage nun vor
die Parteienliste und sieht sich mit den Optionen konfrontiert, würden sie dann
die Wahl der AfD oder der NPD bevorzugen, Herr Stock? Prof. Lucke antwortet
klar und naturgemäß: die AfD. Da ihr wortgewandter Redakteur diese lobenswerte
Präferenz ins Negative wendet (er spricht von Wählerfischen am rechtsextremen
Rand, eindeutig negativ konnotiert), zeigt er sich mit dieser Präferenz
augenscheinlich unzufrieden. Seine scheint der anderen Option zu gelten und
welche das ist, lässt sich den vorigen Ausführungen entnehmen.
Das zweite Manko ihrer Gedankenführung ist ebenfalls
logischer Natur und betrifft die Aussage, die AfD rekrutiere bereits Anhänger
aus dem rechten Milieu (wie Sie es nennen) bzw. dem rechtsextremen (was Sie
meinen). Den Beleg dafür sehen Sie im Vergleich Ihrer Berichterstattung mit
Joseph Goebbels.
Was daran falsch ist, stelle ich im Folgenden dar:
derjenige, der den Vergleich zu Goebbels anstellte, wollte mit demselben Kritik
üben. Joseph Goebbels ist für ihn folglich negativer Bedeutung, denn wäre er
positiver Notation, würde er mit diesem Vergleich keine Kritik üben.
Eine Person, die rechtsextremer Gesinnung ist, würde für
Joseph Goebbels allerdings aller Wahrscheinlichkeit Bewunderung hegen und seine
(Kon-)Notation positiv empfinden.
Folglich kann der Kritisierende, der sich des
(zugegebenermaßen unglücklich gewählten) Goebbels-Vergleiches bediente, keine
Person rechtsextremer Gesinnung gewesen sein, sondern es muss sich um einen
kritisch denken Menschen gehandelt haben, der die Machenschaften des
Propagandaministers zurecht als durchdringend negativ empfindet.
Da Sie Ihren Text locker flockig mit einer persönlichen
Erkenntnis schließen, möchte ich dasselbe tun. Meine besteht am heutigen Tage
darin, dass auch ein Online-Chefredaktuer einer bislang renommierten Zeitung
weder politisch bewandert noch zur logischen Argumentation befähigt sein muss.
Und das, werter Herr Stock, made my day.